Neues Buch betrachtet Friedrich Engels in einem anderen Licht
Neues Buch betrachtet Friedrich Engels in einem anderen Licht
Die diesjährige Exkursion des Lehrstuhls von Prof. Koubek führte in der Zeit vom 24. März bis 02. April 2010 in das vierte BRIC-Land Brasilien, nach Indien, Russland und China in den Jahren zuvor, wobei BRIC aus den Anfangsbuchstaben dieser großen Schwellenländer gebildet ist. Der 17 Personen umfassende Teilnehmerkreis setzte sich auch diesmal aus Studierenden, Doktoranden, Lehrbeauftragten und Mitarbeitern des Lehrstuhls zusammen.
Brasilien mit seinen knapp 200 Mio. Einwohnern und einer Fläche von 8,5 Mio. km² weckt Emotionen und Assoziationen nach Lebensfreude, Samba, Karneval und Fußball, die in wohldosierten Portionen auch erlebbar waren, wenn auch die Girls von Ipanema und die Copacabana Boys wegen der frühherbstlichen Temperaturen am Strand nur vereinzelt zu sehen waren. Im Vordergrund unseres Programms standen wirtschaftliche, gesellschaftliche und wissenschaftsbezogene Themen über dieses große und in den letzten Jahren auf der Weltbühne zunehmend selbstbewusster auftretende Land.
Der Start erfolgte in der 20 Millionen-Metropole Sao Paulo, der Stadt, die nie schläft in ihrer bunten Mischung aus global vernetztem und hervorragend organisiertem Wirtschaftszentrum, hektischer Betriebsamkeit mit langen Verkehrsstaus und einem breiten, kosmopolitischen Angebot an Kultur, Unterhaltung und Gastronomie.
Im Großraum Sao Paulo wird fast die Hälfte des brasilianischen Sozialprodukts erzeugt und hier gibt es mit 1300 Standorten die größte Anzahl deutscher Unternehmen außerhalb Deutschlands in einem Ballungsraum. Auf dem Programm standen die Besuche bei den beiden bergischen Unternehmen Schmersal aus Wuppertal und Dorma aus Ennepetal, wo wir bei den Produktionsabläufen und dem Betriebsklima Bedingungen fanden, die mit den deutschen Standards vergleichbar sind. Bei dem Besuch der deutsch-brasilianischen Handelskammer diskutierten wir über Standortfaktoren, soziale Fragen, politische Rahmenbedingungen und Herausforderungen der Zukunft.
Mit vielen guten Eindrücken fuhren wir im Reisebus an der Küstenstraße nach Rio de Janeiro, der glamourösen 10 Millionen-Metropole am Meer und auf 1000 Hügeln gelegen, die als Inbegriff des heutigen brasilianischen Lebensstil weltweit bekannt ist und besungen wird. Auf einer Rundfahrt zeigte sich die ganze Vielfalt dieser Stadt, die zwischen Regenwäldern liegt und deren überwiegende Mehrheit in sogenannten Favelas lebt, die von kleinen bürgerlichen Milieus bis zu Elendsvierteln, von polizeilich befriedeten bis zu Wohngegenden reicht, die von Drogenbanden und Mafiaorganisationen beherrscht werden. Innerhalb der Stadt und an den Stadträndern sind große und erfolgreiche Unternehmen ansässig, von denen wir die Niederlassungen von Bayer und Lanxess besuchten und dabei als Gäste aus dem Heimatland und der Heimatregion jeweils herzlich begrüßt und betreut wurden. Außerdem stand ein Termin bei Petrobras auf dem Programm, dem größten der brasilianischen und einem der weltweit größten Energiekonzerne. Bei dem Termin in dem ökonomischen Institut der Universitad Federal de Rio de Janeiro (UFRJ) trafen wir auf wissenschaftlich Gleichgesinnte, denn Schumpeter als Leitfigur genießt auch dort einen hohen Stellenwert.
Prof. Koubeks Fazit zu dieser abschließenden Exkursion in die vier BRIC-Staaten: ,,Alle Beteiligten der Reisegruppe hatten zum Schluss den Eindruck, dass das Brasilienbild in den deutschen Medien zu einseitig ist, zwischen Natur und Urwald sowie Elendsvierteln und Gewalt schwankend. Die Wirklichkeit ist viel differenzierter und Brasilien zeigt sich seit einigen Jahren als ein Land mit großen Zukunftsperspektiven im Agrar-, Rohstoff- und Industriesektor einerseits, aber auch als Schwellenland mit enormen Problemen im Sozialgefüge, der Infrastruktur sowie der Bildung und Qualifikation.
Trotz dieser großen Spannweite von Lebensformen, Lebensstilen und Wohnverhältnissen sowie von Einkommens- und Vermögensverteilung fiel der relativ entspannte Umgang der Menschen aller Hautfarben und vieler ethnischer Abstammungen miteinander auf. Entspricht dies einem Weltmodell der Zukunft auch in anderen Ländern?"
Jan P. Otto
Bergische Blätter 23 - Ausgabe 09/2010
Das Programm der Studienfahrt finden Sie hier:
Programm Brasilien-Studienfahrt 2010